Zum Thema Erdölsuche in der Südpfalz veröffentlichte der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie e.V. folgende Presseerklärung:
Erdölsuche Südpfalz: Bedenken der Einwohner vollumfänglich berechtigt
Die in der Südpfalz – zuletzt in Wörth und Jockgrim – im Zusammenhang mit der Aufsuchung von Erdölvorkommen geäußerten Bedenken und Ängste der Einwohner sind in vollem Umfang berechtigt.
Die seismische Erkundung ist nicht ohne das Hervorrufen von Erschütterungen durchzuführen. Diese Erschütterungen wiederum können ohne weiteres zu Schäden an Häusern führen. In der Berichterstattung ist zwar immer wieder davon die Rede, dass die zwischen dem Unternehmen und den Gemeinden abgeschlossenen Gestattungsverträge eine „Beweislastumkehr“ enthalten. Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese „Beweislastumkehr“ nur als zwischen den Parteien des jeweiligen Gestattungsvertrages geltend vereinbart wurde oder hierbei auch daran gedacht wurde, diese „Beweislastumkehr“ ausdrücklich auch zugunsten Dritter, nämlich der Anlieger, zu vereinbaren. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie e. V. fordert, dass diese Gestattungsverträge offengelegt werden und jedem, insbesondere auch den betroffenen Anliegern, zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden. Die Betroffenen könnten dann nämlich auch überprüfen, was hinsichtlich der Schadensregulierung im Einzelnen vereinbart wurde.
Insbesondere dürfte es auch problematisch werden, wenn – etwa ältere – Häuser schon „vorbelastet“ sind und dann in zeitlicher Nachfolge zu den Rüttelversuchen Risse auftreten. Dann wird wohl darüber gestritten, ob die Risse auch ohne die Rüttelversuche aufgetreten wären. Auch ist offen, ob bei älteren Häusern Neuwertersatz geleistet wird oder die Hauseigentümer auf einem Teil der aufzuwendenden Schadensbeseitigungskosten sitzen bleiben. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie e. V. hofft, dass die Gemeinden beim Abschluss der Gestattungsverträge all diese Fragen mitberücksichtigt haben. Ob in den Gestattungsverträgen als Sicherheit eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft auf erstes Anfordern, verbunden mit einer vollständigen Beweislastumkehr und dies alles auch zugunsten der Anlieger, vereinbart wurde, erscheint mehr als nur fraglich. Ohne eine derart umfassende Sicherheitsleistung sind Sofortzahlungen in einem streitigen Schadensfall nicht effektiv durchsetzbar.
Kein Verständnis hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie e. V. dafür, dass für das bloße Aufstellen der Rüttel- und Messinstrumente eine Genehmigung des Grundeigentümers benötigt wird, hingegen für den eigentlich potentiell schadensträchtigen Vorgang, das Rütteln als solches, eine Genehmigung der Anlieger nicht erforderlich ist, obwohl die Erschütterungswellen ohne weiteres auch auf die Anliegergrundstücke und die dort befindlichen Gebäude einwirken. Hier versagt das deutsche Recht auf der ganzen Linie. Die Anlieger bleiben darauf verwiesen, die Aufsuchungserlaubnis anzufechten, wobei sich jedoch angesichts des unternehmerfreundlichen Bergrechts die Frage nach den Erfolgsaussichten stellt.
Bleibt das Rütteln ohne Schäden, ist die Gefahr für die Einwohner noch lange nicht gebannt:
Wird nämlich Erdöl gefunden, so ist auch mit dessen Förderung zu rechnen. Die entsprechenden Massenentnahmen führen, auch wenn das mit dem Erdöl mitgeförderte Wasser wieder in den Untergrund zurückgeführt wird, zu Volumenfehlbeständen im Umfang des entnommenen Erdöls im Untergrund, was mittel- bis langfristig zu erheblichen Bergsenkungen führen kann. In einem Gutachten, aufgefunden in staatsanwaltlichen Ermittlungsakten betreffend Verantwortliche des Geothermiekraftwerks Landau, wird beschrieben, dass es in den Jahren 1955 bis 1994 im Raum Landau zu Absenkungen von bis zu 15 cm gekommen sei. Die Vermutung, dass dies mit der dortigen seit den 50er Jahren praktizierten Erdölförderung in Zusammenhang stehen könnte, liegt nahe. Bergsenkungen können nicht nur zu einer Schieflage von Gebäuden oder unmittelbaren Schäden an diesen führen. Bergsenkungen können darüber hinaus auch Erdbeben auslösen, die zu weiteren erheblichen Schäden führen können. Auch insoweit hofft der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie e. V. zugunsten der betroffenen Hauseigentümer, dass diese Zukunftsperspektiven in den Schadensregulierungsvereinbarungen der Gestattungsverträge vorausschauend mitberücksichtigt wurden.
Ergeben die seismischen Messungen ein aus Sicht des Unternehmens vielversprechendes Erdwärmevorkommen, so ist nicht auszuschließen, dass plötzlich anstelle einer Erdölförderung der Bau eines Geothermiekraftwerks, verbunden mit all seinen weiteren erheblichen Risiken, aktuell wird.
Landau, 23.01.2013