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Schutz der Bürger für Landesregierung und MdL uninteressant

16.06.2013 | Allgemein

MdL Schleicher-Rothmund lässt Bürger beim Bergrecht im Stich

Zur Forderung der BI Steinweiler, das Land möge umgehend seine landesrechtlichen Spielräume im Bergrecht nutzen und dadurch die Sicherheit der Bürger verbessern, hat sich nunmehr MdL Schleicher-Rothmund in einer Pressemitteilung vom 10.06.2013[1] geäußert.

Die Bürgerinitiativen Steinweiler und Landau-Südpfalz nehmen hierzu wie folgt Stellung:

In ihrer mehr von Demagogie als von Fakten geprägten Pressemitteilung verdreht die Abgeordnete die wesentlichen Tatsachen. Fakt ist, und diese selbst für Laien naheliegende Gewissheit haben auch die Experten in der Mediation bestätigt, dass sich die Sicherheit betreffend die seismischen Auswirkungen mit steigendem Abstand der Bohrlandepunkte von der Wohnbebauung erhöht. Sollte Schleicher-Rothmund einen Mindestabstand von 5 km als viel zu gering und damit als „Placebo“ empfinden, so mag sie einen größeren Sicherheitsabstand vorschlagen und bei der Wirtschaftsministerin durchsetzen; die Bürgerinitiativen werden diesem Vorschlag sicher nicht entgegentreten. Der von den Bürgerinitiativen favorisierte Mindestabstand wurde insbesondere nicht von involvierten Fachleuten verworfen und ist im Mediationsverfahren auch keineswegs wegen mangelnder Geeignetheit nicht ins Ergebnispapier gelangt, sondern weil sich die Unternehmen einem Mindestabstand verweigerten. Als Kompromiss hatte man sich sodann auf das Plebiszit betreffend den Abstand der Bohrlandepunkte geeinigt, das jetzt aber seinerseits von der Landesregierung nicht zügig umgesetzt wurde, sondern erneut in Arbeitskreisen begutachtet und diskutiert werden soll. Immerhin räumt die Abgeordnete mit ihrer Pressemitteilung unverblümt ein, dass es derzeit, was ohne jeden Mindestabstand auch niemanden verwundern kann, keine Sicherheit gegen Seismizität gibt. Obwohl diese Sicherheit im Interesse der Bürger umgehend geschaffen werden muss, kommt von Seiten der Abgeordneten diesbezüglich kein Signal zu landesrechtlichen Maßnahmen, obwohl diese möglich wären.

Weiter steht fest, dass jahrelange Diskussionen als solche, sei es in einer Mediation, in einem Geothermie-Forum oder in einer Enquete-Kommission, aktuell keine Sicherheit schaffen können. sondern die längst überfällige Schaffung von wirksamen Sicherheitsvorschriften dadurch nur mehr und mehr hinausgeschoben wird, vermutlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Darüber hinaus muss sich die Abgeordnete die Frage gefallen lassen, weshalb man nicht schon vor der Mediation von dem bestehenden landesrechtlichen Spielraum Gebrauch gemacht hat.

Unwahr ist auch die Behauptung der Abgeordneten, das im Mediationsverfahren geforderte Plebiszit beziehe sich neben der Frage nach dem „ob“ auf die Standortauswahl. Gegenstand des Plebiszits ist laut Ergebnispapiers vielmehr der auf die Erdoberfläche projizierte Abstand der Bohrlandepunkte von der Wohnbebauung und damit sowohl tatsächlich als auch rechtlich ein völlig anderes Thema als eine Standortauswahl.

Auf unsere ebenfalls durch Landesrecht umsetzbare Forderung, umgehend bergrechtlich Sicherheitsabstände für vibroseismische Untersuchungen (Erdöl, „Rüttelversuche“) zu normieren, geht die Abgeordnete überhaupt nicht ein. Kein Wunder, denn zu diesem Thema gibt es noch keine Mediation oder sonstige „Arbeitskreise“, hinter denen sich die Wirtschaftsministerin verstecken kann. Somit wird neben der Wirtschaftsministerin auch Frau Schleicher-Rothmund – zumindest politisch und moralisch – für alle Schäden mitverantwortlich sein, die in der kommenden bereits angekündigten „Rüttelsaison“ an den Häusern unserer Mitbürger entstehen.

Statt die untätige Haltung des grünen Wirtschaftsministeriums zu unterstützen, sollte sich die Abgeordnete besser auf ihre eigentliche Pflicht, den Schutz der Bürger, besinnen. Immerhin hat sie noch am 28.04.2011 folgende Erklärung der Südpfälzer SPD mitunterzeichnet: „Ein Ausbau der Tiefen Geothermie kann nur erfolgen, wenn Folgeschäden auszuschließen sind.“ Da sich inzwischen z. B. in Landau und Rohrbach gezeigt hat, dass Folgeschäden nicht nur nicht auszuschließen, sondern konkret eingetreten sind, wäre es nun höchste Zeit für die Abgeordnete, Profil zu zeigen und die Grünen, die Ideologie über Bürgerschutz stellen und sich auch in der Südpfalz schon in mehrfacher Hinsicht als bürgerfeindlicher politischer Schadballast erwiesen haben, in ihre Schranken zu weisen.

Blamabel für die Abgeordnete ist schließlich leider auch ihr Verweis auf die Bundesrats-Drucksache Nr. 747/12, welche sich nach Angaben der Abgeordneten angeblich mit Fragen der Beweislastumkehr und der Verbesserung der Stellung der Geschädigten befasse. Ein Blick in diesen uns seit langem vorliegenden Bundesrats-Beratungsvorgang Nr. 747/12, 747/1/12, 747/12(B), hätte der Abgeordneten gezeigt, dass sich diese Länderinitiative mitnichten mit Beweislastfragen und Geschädigten befasst, sondern lediglich die Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zum Gegenstand hat, welche jedoch nicht vor jeder Tiefbohrung verpflichtend, sondern stets abhängig von einer „Vorprüfung des Einzelfalles“ sein soll, womit der Behördenwillkür erneut Tür und Tor geöffnet ist.

Übrigens hat auch, falls die Abgeordnete diesen Vorgang gemeint haben und als nächstes zitieren sollte, der uns ebenfalls seit geraumer Zeit bekannte Bundesrats-Beratungsvorgang 754/12, 754/1/12, 754/12(B) mitnichten eine Beweislastumkehr zum Gegenstand. Im Beschluss Drs.-Nr. 754/12(B) fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, den Geltungsbereich des Bergschadensrechts auf die Gewinnung von Bodenschätzen durch Tiefbohrungen zu erweitern. Diese konkrete Formulierung ist, nebenbei bemerkt, leider handwerklicher Pfusch, weil das Bergschadensrecht als solches längst auch für Tiefbohrungen gilt. Was die Länderkammer hier meint und anstreben will, ist die (je nach Rechtsauffassung: sei es klarstellende, sei es konstitutive) Erstreckung auch speziell der Bergschadensvermutung (§ 120 BBergG) auf den Bohrlochbergbau. Nur hat dies leider immer noch nichts mit einer Beweislastumkehr zu tun. Denn die Bergschadensvermutung ist keine Beweislastumkehr. Die Bergschadensvermutung schafft nach einhelliger bergrechtlicher Meinung nämlich – und dies auch nur für bestimmte Schadensbilder – lediglich eine Art Anscheinsbeweis, der nach den im BBergG eigens hierfür vorgesehenen unternehmerfreundlichen Mechanismen noch dazu relativ leicht entkräftet werden kann. Diese Vermutung ist nämlich bereits dann erschüttert und damit wertlos, wenn der Schaden z. B. auch auf einen „offensichtlichen“ Baumangel zurückgeführt werden kann(!). Hierzu muss der Bergbauunternehmer nur schlüssig darlegen, dass auch ein solcher Baumangel als Ursache in Betracht kommen kann; beweisen muss er den Baumangel bzw. dessen Schadensursächlichkeit hingegen nicht. Außer angeblichen Baumängeln sieht das BBergG im Zusammenhang mit der Bergschadensvermutung noch weitere „Schlupflöcher“ für die Unternehmer vor. Die Bergschadensvermutung ist daher ein recht stumpfes Schwert. Eine Beweislastumkehr, die schon vor Jahren von allen Bürgerinitiativen gefordert wurde, spielt hingegen in einer ganz anderen Liga als eine bloße Vermutung. Bei einer Beweislastumkehr müsste der Bergbauunternehmer nämlich „ohne wenn und aber“ den vollen Nachweis führen, dass ein im Einwirkungsbereich seines Bergbaubetriebs eingetretener Schaden nicht auf seinen Bergbaubetrieb zurückzuführen ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass Schäden, die anlässlich vibroseismischer Tätigkeiten („Rüttelversuche“) geltend gemacht werden, von der Entschließung des Bundesrats zur Ausweitung des Geltungsbereichs der Bergschadensvermutung (BR-Drs. 754/12(B)) überhaupt nicht erfasst werden. Denn die Forderung des Bundesrats bezieht sich lediglich auf die Gewinnung von Bodenschätzen durch Tiefbohrungen und nicht auf die der Gewinnung vorausgehende Aufsuchungstätigkeit. Offen ist hierbei, ob man seitens des Bundesrates bzw. der Initiatoren der Entschließung die betroffenen Bürger dadurch absichtlich im Regen stehen lassen will oder es sich um fehlendes Problembewusstsein handelt.

Die im Bundesrat angestoßenen Länderinitiativen sind daher allesamt ungenügend, um den Schutz der Bürger ganzheitlich sicherzustellen. In gleichem Maße tadeln wir die fehlende Bereitschaft des Bundes, den Schutz der Bürger vor den Folgen des Bergbaus umfassend zu gewährleisten. Mit wechselseitigen Schuldzuweisungen, wie zwischen Bund und Ländern leider üblich, ist den Bürgern jedenfalls nicht geholfen.

Abschließend empfehlen wir Frau Schleicher-Rothmund zur Vermeidung weiterer Blamagen, von Versuchen der Volksverdummung künftig Abstand zu nehmen, insbesondere nicht ungeprüft Äußerungen der Wirtschaftsministerin oder deren subordinierten Chargen zu perpetuieren und sich besser überhaupt nur noch zu Themen zu äußern, die fachlich ihrem Horizont entsprechen.

 


[1] http://schleicher-rothmund.de/2013/06/10/ping-pong-kommunikation-in-sachen-bergrecht-barbara-schleicher-rothmund-erlautert-tatsachliche-spielraume-des-landes/