BIG Steinweiler e.V.

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Was nicht passend ist, wird passend gemacht

24.09.2012 | Allgemein

Wie eine Bürgerbeteiligung schon vor ihrem Beginn zur Farce verkommt

Mit großem Befremden nimmt die BI Steinweiler die in der RHEINPFALZ[1] verlautbarte Ankündigung des Präsidenten des Landesamts für Geologie und Bergbau (LGB) zur Kenntnis, „wahrscheinlich eine vorläufige Inbetriebnahme des Geothermiekraftwerkes in Insheim zu genehmigen“.

Eine solche „vorläufige Inbetriebnahme“ sieht das Bergrecht hier nicht vor. Ursprünglich war für keinerlei Art von Betriebsplan ein „vorzeitiger Beginn“ gesetzlich vorgesehen. Mit der Bergrechtsnovelle im Jahr 1990 wurde in § 57b Absatz 1 BBergG der „vorzeitige Beginn“ eingeführt, allerdings nur für Betriebe, für die ein Rahmenbetriebsplan in einem Planfeststellungsverfahren aufzustellen ist. Hintergrund dessen ist, dass viele Planfeststellungsverfahren sehr lange dauern. Wenn mit einer positiven Entscheidung im Planfeststellungsverfahren zu rechnen ist und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind, soll, so die Motive des Gesetzgebers[2], die vorzeitige Inbetriebnahme gestattet sein. Eine vorzeitige Inbetriebnahme im Wege eines Sonderbetriebsplans ist unzulässig. Hätte der Gesetzgeber den Weg über einen Sonderbetriebsplan für eine vorzeitige Inbetriebnahme für zulässig erachtet, hätte sich die Einführung des § 57b Absatz 1 BBergG nämlich erübrigt.

Bei dem vorliegenden Betriebsplanverfahren handelt es sich jedoch nicht um einen im Wege eines Planfeststellungsverfahrens zuzulassenden Rahmenbetriebsplan, sondern um einen Hauptbetriebsplan. Für diesen sieht das Bundesberggesetz einen vorzeitigen Beginn nicht vor. Hätte der Gesetzgeber einen vorzeitigen Beginn für alle Arten von Betriebsplänen erlauben wollen, hätte er diese Möglichkeit nicht ausdrücklich nur für Rahmenbetriebspläne eröffnet. Soweit das LGB nunmehr beabsichtigt, diese aus Sicht des Betreibers nachteilige aber dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Rechtslage zu umgehen und den Betrieb vor Genehmigung des Hauptbetriebsplans – dem genannten RHEINPFALZ-Artikel nach möglicherweise über den Weg eines Sonderbetriebsplans – zu erlauben, so ist dies nach unserer Rechtsauffassung ein glatter Rechtsbruch.

Bereits das Aufeinanderabstimmen von Primärkreislauf und Sekundärkreislauf, so jedenfalls laut Ministerium die Absicht des Betreibers in der Anfangsphase, bedingt die Förderung und Re-Injektion von Thermalwasser. Somit könnten bereits anfänglich Erdbeben ausgelöst werden.

Losgelöst von den oben genannten rechtlichen Überlegungen wird durch eine vorzeitige Inbetriebnahme die Offenlage in der Verbandsgemeinde Kandel zur Farce. Denn mit dem Betrieb und der damit verbundenen Schaffung der Gefahrenlage würde dann schon begonnen werden, bevor die Einwendungen der Bürger vorliegen, geschweige denn, bevor sie geprüft werden konnten. Die Bekundungen des LGB, Eingaben von Bürgern sehr ernst zu nehmen und genau zu prüfen, erweisen sich damit als reine Lippenbekenntnisse. Ebenso können die Bürger jetzt aufgrund der geäußerten Absicht des LGB erkennen, wie die Landesregierung Bürgerbeteiligung bei der Tiefengeothermie künftig zu handhaben gedenkt.

Und nun erhellt sich dem geneigten Leser auch, weshalb die Landesregierung den Plan, alle Tiefengeothermievorhaben einer Umweltverträglichkeitsüberprüfung zu unterwerfen, laut Ministerratsbeschluss weiterverfolgen will: Die UVP-Pflicht führt nämlich zur Planfeststellungspflicht. Und diese wiederum führt, wie wir wissen, über den Rahmenbetriebsplan zur Möglichkeit des legalen vorzeitigen Betriebsstarts aller künftigen Geothermiekraftwerke, noch bevor auch nur einer der lästigen Bürger dazu angehört werden muss.


[1] Pfälzer Tageblatt – Ausgabe Rheinschiene Nr. 222 vom Samstag, den 22. September 2012 Seite 17

[2] Bundestags-Drucksache 11/4015, S. 13